Wann der perfekte Zeitpunkt für die Selbstständigkeit gekommen ist, ist für jede Gründerin von anderen Faktoren abhängig. Wer in Elternzeit geht, kann sich eine robuste Brücke bauen und schon mal vorsichtig den großen Zeh ins Wasser strecken. Sicherheit ist hier das größte Stichwort. 

Damit du weißt, worauf du dich bei der nebenberuflichen Selbstständigkeit in Elternzeit einlässt, findest du hier ein paar Antworten. Dazu gleich mehr.

 

Fangen wir bei deiner Ausgangslage an. Wie auch in meinem Artikel über den richtigen Zeitpunkt einer Gründung, ist das immer ein wichtiges Kriterium. 

 

Aus meiner Sicht gibt es diese drei Ausgangssituationen:

Du…

  1. planst schwanger zu werden und möchtest dich langfristig (nebenberuflich) selbstständig machen.
  2. bist schwanger und angestellt und planst, dich während deiner bevorstehenden Elternzeit nebenberuflich selbstständig zu machen.
  3. bist bereits Mama in Elternzeit und möchtest dich jetzt selbstständig machen.

 

Die ersten beiden Ausgangssituationen sind ideal, um alles gut vorzubereiten und nichts zu vergessen. Bei der dritten Variante gibt es nur einen Punkt, an den du denken solltest. Auch dazu gleich mehr.

 

Unabhängig und frei sein – das wollte ich schon lange

Von der Selbstständigkeit habe ich schon lange geträumt. Der Wunsch kam während meiner Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten das erste Mal so richtig auf.

 

Unsere Chefs haben alle Schriftsätze auf ein Kassettenband diktiert. Wir, die Azubis, haben die Bänder über unsere Rekorder abgetippt. Heute passiert das alles in bestens ausgestatteten Computersystemen und per E-Mail.

 

Die Mini-Kassetten landeten danach in den entsprechenden Papierakten. Und die stapelten sich bei uns regelmäßig. Wenn es zu viel wurde, kam unsere externe Schreibkraft mit einem großen, aufklappbaren Einkaufskorb vorbei. Sie lud die Akten ein und arbeitete alles übers Wochenende von zu Hause ab. Ob das heute noch möglich wäre? Ich weiß nicht…Datenschützer würden sicher Alarm schlagen.

 

Eine besondere Art von Freiheit

Wie dem auch sei: Die Freiheit dieser Frau, die im Gegensatz zu mir mit dem Klappkorb aus der Kanzlei spazieren und zuhause alles abarbeiten konnte, hat mich beeindruckt. Dass sie das übers Wochenende gemacht hat, war für mich nicht schlimm. Bis heute verschwimmt meine Arbeitszeit und es stört mich nur, wenn mir keine Zeit mit meiner Familie bleibt.

 

Nach vielen träumerischen Jahren war ich so weit. Inzwischen hatte ich mich in so viele Aufgabenbereiche, zig Computersysteme eingearbeitet und wurde Expertin in Sachen „Weiterbildung“. Ich war sicher: Das geht auch weiterhin. 

Mein einziges Problem: der Sicherheitsdrang.

Also plante ich, die Selbstständigkeit erstmal nebenberuflich auszuprobieren. Der Start lag aber noch in weiter Ferne. Denn die ersten Monate verbrachte ich mit reiner Recherche. Ich wollte gut vorbereitet sein. Während der Zugfahrten zur Arbeit und zurück habe ich mich schlau gemacht. So auch in jeder freien Minute am Abend oder am Wochenende.

 

Kurz darauf folgte meine erste Schwangerschaft und das Thema wurde noch größer. Ich wollte diese Zeit intensiv für den Aufbau meiner Selbstständigkeit nutzen. Doch Theorie und Praxis liegen bekanntlich gern mal weit auseinander. Jede frisch gebackene Mama weiß, wovon ich spreche.

    Vorteile einer Gründung während der Elternzeit

    Meine Gründe für den Start der Selbstständigkeit aus der Elternzeit waren damals aber ganz klar:

    • (Entscheidungs)Freiheit
    • Flexibilität
    • Selbstverwirklichung
    • Möglichkeit, mich auszuprobieren, ohne Risiko
    • Berufliche Abwechslung
    • Neue Herausforderung (lag schneller als ich dachte hungrig schreiend in meinen Armen)

     

    Neben meinen persönlichen Gründen gibt es noch weitere Vorteile:

     

    • Selbstsicher: Du bist nie so richtig raus aus der ganzen Arbeitsmaterie. Die nebenberufliche Selbstständigkeit ist mindestens so umfangreich wie die in Vollzeit. Du musst dich in vieles neu reinlesen, dir viel selbst aneignen und dich völlig neu organisieren. Klar, dass das nicht ganz einfach ist, aber es lohnt sich umso mehr. Du wirst (selbst)sicherer und lernst, klar Prioritäten zu setzen.
    • Neuanfang: Wenn du dich beruflich neu- oder umorientieren möchtest, ist das der ideale Zeitpunkt. Sieh es als Neuanfang in jeder Hinsicht und probiere dich aus.
    • Entwicklung: Wenn du danach entscheidest, deinen Arbeitgeber zu wechseln, kannst du deine Selbstständigkeit vorweisen. Du kannst in deiner Bewerbung angeben, dass du deine Elternzeit zur Weiterentwicklung in deinem Bereich genutzt hast.
    • Nebenverdienst: Du kannst dir zu deinem Elterngeld etwas hinzuverdienen. Natürlich gibt es auch hier ein paar Punkte zu beachten, die wir uns später noch ansehen.

    Nebenberuflich selbstständig in der Elternzeit – das solltest du beachten

    Dein Arbeitgeber muss der Tätigkeit zustimmen

    Idealerweise bist du noch nicht in Elternzeit (siehe oben Punkt 1. oder 2.) und kannst dir vorab das Einverständnis deines Arbeitgebers einholen. Wenn genügend Zeit dazwischen liegt, ist es vielleicht etwas einfacher, eines zu bekommen. Vorausgesetzt, du stehst mit deiner Selbstständigkeit nicht im Wettbewerb zu deinem Arbeitgeber.

    Mache in deinem Antrag deutlich, dass deine Selbstständigkeit deine Haupttätigkeit nicht beeinträchtigen wird. Das heißt, du darfst deinen Erholungsurlaub nicht für deine Selbstständigkeit ausnutzen. Gleiches gilt für Krankheitszeiten, in denen du dich selbstverständlich auskurieren sollst.

     

    Falls du schon in der Elternzeit steckst und jetzt gründen möchtest, dann hole dir spätestens jetzt das Einverständnis deines Arbeitgebers. Überlege dir vorab gute Gründe für deine nebenberufliche Selbstständigkeit. Denn vielleicht würde sich dein Arbeitgeber während der Elternzeit auch über ein paar Stunden deiner Unterstützung freuen.  Ablehnen darf er nur schriftlich aus betrieblichen Gründen innerhalb von vier Wochen. Unabhängig davon, ob du nach der Elternzeit in deinen alten Job zurückkehren möchtest oder nicht, finde ich es wichtig, weiterhin fair und ehrlich zu sein. Wie so oft im Leben, sieht man sich immer zweimal.

     

    Antrag Nebentätigkeit – Vorlage zum Download

    Ich habe dir hier ein Muster für einen Antrag einer nebenberuflichen Selbstständigkeit bei deinem Arbeitgeber vorbereitet. Solltest du dieses Muster nutzen wollen, passe es bitte an und formuliere die Sätze bei Bedarf um. Nicht alles davon muss auch für dich und deine Arbeitsstelle passen. Es soll lediglich eine Hilfestellung sein und es dir etwas erleichtern. Bitte schau auch noch einmal in deinem bestehenden Arbeitsvertrag nach sonstigen Pflichten, Vorgaben und Fristen.   

     

    Wie viele Stunden darf ich während der Elternzeit arbeiten?

    Verdammt viel, wie ich finde: bis zu 30 Stunden pro Woche. Das gilt sowohl für die Zeit, in der du Elterngeld erhältst, als auch danach. Das ist eine Teilzeitstelle. Falls du dich gegen die Selbstständigkeit entscheidest und doch lieber in Teilzeit bei deinem Arbeitgeber (AG) tätig sein möchtest, dann kannst du das unter folgenden Bedingungen schriftlich beantragen:

     

    • Du bist länger als 6 Monate bei deinem AG beschäftigt
    • Dein AG beschäftigt mind. 15 Mitarbeiter*innen (ausgenommen Azubis o.Ä.)
    • Du möchtest mind. 2 Monate zwischen 15 und 30 Stunden in Teilzeit arbeiten
    • Es sprechen keine betrieblichen Gründe gegen deinen Teilzeitvertrag. Es kann sein, dass deine Stelle ungeeignet ist als Teilzeitstelle.

    Entscheidest du dich für die nebenberufliche Selbstständigkeit, musst du im nächsten Punkt unbedingt auf deine Stundenzahl achten, denn für die Krankenkassen gelten hier andere Vorgaben. 

     

    Wie viel darf ich dazuverdienen? Gibt es Freibeträge? 

    Für das Basiselterngeld gilt: Es gibt keine Freibeträge. Alles, was du dazuverdienst, wird auf dein Elterngeld angerechnet. Aus diesem Grund lohnt sich der Zuverdienst zum Basiselterngeld nicht.

    Für das Elterngeld Plus gilt: Eltern, die während der Elternzeit arbeiten möchten, sollen mit dem Elterngeld Plus unterstützt werden und keine Nachteile haben. Du darfst bis zu 50% deines Nettoeinkommens vor der Geburt deines Kindes dazuverdienen, ohne dass der Zuverdienst auf dein Elterngeld angerechnet wird. Alles darüber hinaus, wird – wie beim Basiselterngeld – angerechnet.

     

    Informiere deine Krankenkasse über deine nebenberufliche Selbstständigkeit

     

    1. Sprich mit deiner Krankenkasse und informiere sie über deine Selbstständigkeit. Ich rate dir, einfach vorher anzurufen und dich bei Bedarf kurz beraten zu lassen. In welchem Umfang die Beratung nötig ist, hängt natürlich auch von deinem geschätzten Gewinn ab.

       

      Du wirst per Formular (online oder per Post) Angaben über deinen voraussichtlichen Gewinn und deine geplanten Arbeitsstunden machen müssen. Beim ersten Mal gibst du naturgemäß Schätzungen an. Vermutlich wird dich deine Krankenkasse ab jetzt regelmäßig kontaktieren und dich um aktuelle Einkommensangaben bitten. Nichtsdestotrotz bist du aber auch selbst verpflichtet, jede Einkommensänderung sofort mitzuteilen.

       

      Deine Krankenkasse wird immer wieder prüfen, ob sich deine Selbstständigkeit tatsächlich noch um einen Nebenerwerb oder schon um einen Haupterwerb handelt. Ganz wichtig hierbei ist auch die Stundenanzahl, die du für deine Selbstständigkeit angibst. Arbeitest du mehr als 18-20 Stunden, kann das dazu führen, dass du aus Sicht deiner Krankenkasse hauptberuflich selbstständig bist. Das bedeutet, dass du dich dann selbst versichern musst und deine Beiträge ein hohen Kostenpunkt verursachen. Die Stundenanzahl variiert von Kasse zu Kasse. Bitte informiere dich hierzu genauer bei deinem zuständigen Sachbearbeiter.

       

      Auch was die allgemeine Einkommensgrenze – selbst über die Elternzeit hinaus – angeht, rate ich dir, dies persönlich bei deiner Krankenkasse zu erfragen. Wenn du dauerhaft zwischen 1.700 und 2.000 Euro verdienst, liegst du wahrscheinlich schon im Grenzbereich oder sogar drüber. Das heißt, deine Selbstständigkeit wird als Vollerwerb eingestuft und du musst dich selbst versichern. 

    Nebenberuflich selbstständig – Gewerbeanmeldung

    Gewerbe anmelden – das gilt auch für Nebentätigkeiten

    Unabhängig davon, welchen Umfang deine Selbstständigkeit einnimmt, bist du verpflichtet, dein Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt als solches anzumelden. Also auch, wenn du dir „nur nebenbei“ etwas dazuverdienen möchtest. Gewerbetreibende bist du per Definitionem dann, wenn du haupt- oder nebenberuflich eine selbstständige, auf Gewinnerzielung und Dauer angelegte Tätigkeit wahrnimmst.

    Wer muss kein Gewerbe anmelden?

    •  Freiberufler (Achtung: nicht zu verwechseln mit „Freelancern“ oder freien Mitarbeitern). Freiberufler werden im Gesetz definiert (§ 18 Einkommensteuergesetz). Hierzu zählen unter anderem Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Heilpraktiker, Journalisten und Übersetzer. Solltest du einer dieser Berufsgruppen angehören, bist du von der Eintragungspflicht beim Gewerbeamt oder Handelsregister befreit. Deine erste Anlaufstelle ist dann das Finanzamt.

     

    • Urproduktion (z. B. Land- und Forstwirtschaft, Imker, Fischerei, etc.)

     

    • Verwaltung des eigenen Vermögens (vermietest du allerdings regelmäßig ein Ferienhaus an Gäste, erzielst du damit regelmäßig. Gewinn und ein Gewerbe liegt vor). Wenn du dir nicht sicher bist, informiere dich bei deinem zuständigen Gewerbeamt und sichere dich ab.

     

    Was kostet eine Gewerbeanmeldung?

    Eine Gewerbeanmeldung kostet im Schnitt zwischen 20,00 und 50,00 Euro. Die Preise variieren von Gewerbeamt zu Gewerbeamt und hängen u. a. mit dem individuellen Verwaltungsaufwand und der Rechtsform zusammen.

    Die Gewerbeanmeldung kannst du schriftlich vornehmen. Beachte hier jedoch, dass es vor oder gleichzeitig mit dem Beginn der Selbstständigkeit erfolgen muss. Nimmst du die Anmeldung nachträglich vor, drohen dir Geldbußen.

     

    Was du im Einzelfall für deine Gewerbeanmeldung benötigst, solltest du vorher klären. In der Regel kannst du die Anmeldung persönlich oder schriftlich vornehmen. Du musst dich mit deinem Perso oder Reisepass ausweisen können und das Formular zur Gewerbeanmeldung vollständig ausgefüllt haben. Die Ämter stellen die Formulare online zur Verfügung. Schau hierzu gerne direkt bei deinem zuständigen Gewerbeamt nach. Wenn du vorher schon mal luschern möchtest: Das ist das Formular zur Gewerbeanmeldung.

     

    Sobald du dein Gewerbe angemeldet hast, werden weitere Ämter, wie das Finanzamt, die IHK und die Berufsgenossenschaft automatisch über deine Selbstständigkeit informiert.

     

    Nebenberuflich selbstständig in der Elternzeit: Deine Krankenversicherung

    Da du hauptberuflich bei deinem Arbeitgeber angestellt bist und dich gleichzeitig in Elternzeit befindest, musst du keine Beiträge zur Krankenversicherung leisten. Das setzt wieder voraus, dass du die für deine Krankenkasse wichtigen Grenzwerte (Gewinn, Zeit) einhältst. Du kannst dich also in aller Ruhe ausprobieren und deine nebenberufliche Selbstständigkeit während deiner Elternzeit auf die Probe stellen und wer weiß, vielleicht startest du anschließend voll durch?!

    Habe ich alle deine Fragen beantwortet oder ist da noch etwas offen? Schreibe es mir in die Kommentare.

     

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